Am 28.7.2025 ist Karin Gräfin von Dönhoff von uns gegangen. Einen Tag nach dem Ende des diesjährigen Festivals STN:ORT, das sie in den 9 Jahren seiner Existenz so oft wie es ihr möglich war, nicht nur besuchte, sondern aktiv an den Vorbereitungen und der Durchführung beteiligt war.
Für die Lehndorff Gesellschaft Steinort war sie eine der tragenden Säulen bei der allmählichen Umwandlung einer dem Verfall überlassenen Ruine in eine lebendige Baustelle, deren Fertigstellung und Zukunft inzwischen von niemand mehr angezweifelt wird.
Karin Dönhoff gehörte zu den Unterstützern der ersten Stunde. In der von ihr mit auf den Weg gebrachten Bürger-Stiftung in Berlin traf sich der kleine Kreis um ihre Cousine Vera von Lehndorff, als diese zu ihrer ersten Reise nach Steinort nach dem Ende des 2. Weltkriegs aufbrach. Wieder einmal stand die Zukunft von Steinort auf dem Spiel. Was konnte getan werden, um die Zukunft dieses Ortes zu sichern?
Karin gehörte zu dem kleinen Kreis von Freunden um Vera, die sie bei dieser denkwürdigen Reise 2007 nach Steinort begleiteteten. Nach der Rückkehr wurde in der Bürger-Stiftung der Förderkreis Steinort (1992-2002) neu aufgelegt. Er mündete 2010 in die Gründung der Lehndorff-Gesellschaft Steinort, die Karin Dönhoff als Gründungsmitglied von Anfang an begleitete und aktiv mit gestaltete.
Viele von uns werden nie vergessen, wie sie, mit stets kritischer Wachsamkeit, den Prozess des langsamen Wiedererwachens von Steinort begleitete. Wie sie seit 2017 das Festival Steinort aktiv mit vorbereitete und Jahr um Jahr zu denen gehörte, die sich im Sommer auf die Baustelle inmitten der Masurischen Seen begaben und dort improvisiert das Festival auf die Beine stellten, die den 20. Juli 1944 und das Gedenken an ihren Onkel Heinrich von Lehndorff jährlich mit einer kleinen Zeremonie in vorerst kleinem Kreis junger Leute vor Ort beging. Sie war unter den ersten, die mit konkreter Arbeit den Volontären ein Vorbild war, sie scheute sich nicht, zum Putzzeug zu greifen, um die Eingangshalle in einen konzertreifen Zustand zu bringen.
Ihre Dahlemer Wohnung wurde zu einer wichtigen Beratungs-Zentrale, wann immer es darum ging, die Unterstützung für den Wiederaufbau und die Wiederbelebung von Schloss Steinort zu erweitern und wichtige Fürsprecher und aktive, engagierte Mitkämpfer und Mtkämpferinnen ins Boot zu holen.
Ihr Leben lang war sie ruhelos, wenn es darum ging, anderen Menschen zu helfen und dem Leben einen menschlichen Sinn zu geben. Der Kreis ihrer Schützlinge war groß. Jede und jeder konnte sich auf ihre Hilfe verlassen, selbst noch in Zeiten, als ihre Kräfte zu schwinden begannen und kaum noch für sie selber reichten. Mit der unendlich erscheinenden Kraft und Widerstandsfähigkeit, die einer „alten Preussin“ nicht der besonderen Betonung wert war, hat sie ihren langen Abschied mit größter Würde bis zum letzten Atemzug getragen.
Mit ihrer kreativen, selbstlosen und von einer einzigartig geradlinigen und aufrechten Haltung geprägten Art gehörte sie zu den wesentlichen Gestaltern der Prozesse, die den Aufbau und die neue Nutzung eines alten, geschichtsträchtigen Gemäuers nicht nur vorstellbar erscheinen liessen, sondern unter deren tätiger Mitwirkung diese Vision begann, Gestalt anzunehmen und in wichtigen Fürsprecherkreisen um sich zu greifen.
Sie wird uns in Erinnerung bleiben als ein Mensch, der, von selten anzutreffender Mitmenschlichkeit erfüllt, niemals müde wurde, ihre persönlichen Erfahrungen und die Verantwortung eines großen Namens in größter Bescheidenheit und uneitler Zurückhaltung in einen Prozess einzubringen, der eine bewegte und von zahlreichen Verlusten geprägte Vergangenheit in eine von Optimismus getragene Vision für eine versöhnliche Zukunft im Lichte einer langen, reichen Geschichte und Tradition einzubringen vermochte.
Wir werden ihren Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung und Versöhnung im Besonderen und ihren unermüdlichen Einsatz für ein lebenswertes Miteinander nie vergessen.
Es war ein Privileg und ein großer Gewinn, sie aus der Nähe vertrauensvoller Zusammenarbeit erfahren und miterleben zu dürfen und sich von ihrer Inspiration und Standhaftigkeit im aktiven Einsatz anspornen zu lassen. Sie wird uns ein großes Vorbild und eine Kraftquelle bleiben.
Bettina Bouresh,
Vorsitzende der Lehndorff-Gesellschaft Steinort
für den Vorstand

